Adventsgeschichte – Engel sucht Gott

Adventsgeschichte – Engel sucht Gott

15. Dezember 2024 0 Von Katharina Maier

Eigentlich hatte ich nie vor, eine von meinen Jugendgeschichten zu veröffentlichten, von denen ich manchmal erzähle. Aber sie passt thematisch gerade so gut, und eigentlich-eigentlich gefällt sie mir. Also lade ich euch ein, einen kleinen Engel auf seiner großen Suche nach Gott zu begleiten.

Engel sucht Gott

Dezember ’94

Es war einmal ein Engel, der wissen wollte, wie Gott wirklich war. Die anderen wunderten sich über ihn.

„Gott ist ein strahlend weißer, wunderschöner Engel, weißt du das denn nicht?“, fragten sie den Engel erstaunt.

Doch der Engel konnte das nicht richtig glauben; allerdings wusste er auch nicht, wie er sich Gott sonst vorstellen sollte. Und obowhl ihm einige seiner Freunde versicherten,d ass sie Gott schon gesehen hätten und dass er ein wunderschöner Engel gewesen sei, lebte er in Ungewissheit und war traurig.

Der schöne Engel

Eines Tages, es könnte auch eines Nachts gewesen sein, im Himmel ist das ohne Bedeutung, traf der seltsame Engel einen anderen, den er noch nie gesehen hatte. Der andere war groß und atemberaubend schön.

„Wer bist du?“, fragte der Engel.

„Weißt du das denn nicht?“, fragte der Fremde zurück.

„Nein.“

„Das macht nichts. Ich bin hier, um dir zu helfen.“

„Mir helfen?“, vergewisserte sich der Engel verwundert.

„Ja. Ich will dir helfen, Gott zu finden.“

„Oh, wirklich?“, rief der Engel und schlug begeistert seine Schwingen zusammen. „Was muss ich denn tun, was muss ich denn tun?“

„Was denkst du?“

„Hm“, machte der Engel und überlegte. „Vielleicht sollte ich auf Reisen gehen und andere fragen, wie sie über Gott denken.“

„Das ist eine gute Idee. Wo wirst du hinfliegen?“

„Wie wär’s mit der Erde? Da wollte ich schon immer mal hin.“

„Gut“, meinte der schöne Fremde und begann zu verwschimmen.

„Halt! Kommst du nicht mit?“

„Ich werde immer in deiner Nähe sein“, entgegnete der andere, bevor er ganz verschwunden war.

Der Engel aber, der den Worten des Fremden glaube, wusste, dass dieser nicht wirklich weg war. Einen Moment frage sich der Engel, wer der andere wohl gewesen sein mochte, aber dann zuckte er nur mit den Achseln und flog davon in Richtung Erde.

Vor dem Engel schwebte die blaue Kugel der Erde, die silberne des Mondes, die gelben der Venus und des Merkurs, die rote des Mars und die strahlend helle der Sonne.

Der fallende Stern

„Hallo“, sagte der Engel.

„Hallo!“, antworteten die Planten.

„Was machst du denn hier?“, fragte der Mars.

„Ich suche Gott“, erklärte der Engel.

„Solltest du ihn nicht besser dort sichen, wo du herkommst?“, erkundige sich Venus freundlich.

„Kann schon sein. Ich weiß es nicht“, gestand der Engel etwas verlegen.

Die Planeten lachten.

„Wo glaubst du denn Gott zu finden?“, wollte die Erde wissen.

„Bei dir.“

„Wirklich?“, sagte sie geschmeichelt.

„Aber ich glaube kaum, dass du dort Erfolg haben wirst“, stichelte Luna, der Mond, ein bisschen gehässig. „Bei den Dingen, die die Menschen anstellen, wird Gott die Erde nicht sehr gerne besuchen.“

„Nichts gegen meine Kinder!“, fuhr Terra auf. „Sie sind zwar ein bisschen unvernünftig, aber sie sind ja auch noch sehr jung!“

Die anderen Planeten sagte nichts; sie wollten die Erde nicht verletzten, sie hatte es eh schon schwer genug.

Die Sonne wechselte das Thema: „Ich kann dir sagen, wie Gott ist.“

„Ja? Wirklich?“, fragte der Engel erfreut.

„Ja. Er ist ein riesiger, unglaublich strahlender Stern“, schwärmte Sol.

„Meinst du?“ Der Engel war nicht besonders von der Meinung der Sonne überzeugt.

„Sie könnte schon recht haben“, sagte Merkur.

„Ja, vielleicht“, „Warum nicht“, „Klingt doch sehr überzeugend“, redeten die anderen Planeten durcheinander.

„Wir werden sehen“, entgegnete der Engel. „Auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen!“, riefen Venus, Mars, Luna, Merkur und Sol, und der Engel nahm Kurs auf die Erde.

Kurz bevor er auf die Erdatmosphäre traf, erblickte er einen kleinen Asteroiden, der ein seltsames Licht verbreitete.

„Wer bist denn du?“, fragte der Engel.

„Weißt du das denn nicht?“, fragte der Lichtasteroid zurück.

„Nein.“

„Das macht nichts. Was sagst du denn zu den Planeten?“

„Ich finde ihre Vorstellung von Gott etwas seltsam.“

„Kann sie denn nicht richtig sein?“

„Ich weiß es nicht. Was denkst du?“, fragte der Engel.

„Was du glaubst, ist wichtig“, meinte der Asteroid. „Und ich will dir helfen, deinen Glauben zu finden.“

„Oh! Das ist schön! – Halt! Warum verschwindest du?“

„Keine Angst“, hörte der Engel die Stimme des Asteroiden. „Ich werde immer bei dir sein.“

Beruhigt flog der Engel auf Reisen weiter.

Die kleine Wolke

„Hallo“, sagte der Engel.

„Guten Tag“, antworteten die Wolken.

„Wisst ihr, wie Gott ist?“, fragte der Engel.

„Weißt du das denn nicht?“, wunderten sich die Wolken.

„Nein. Deshalb bin ich ja hier.“

„Du suchst Gott bei uns?“

„Ja, aber wie soll ich ihn erkennen?“

„Das ist doch ganz einfach!“, rief eine große Wolke. „Gott ist eine unendliche Wolke, die weißer ist als der junge Schnee.“

„Ja, genau“, bestätigten die anderen Wolken.

„Seid ihr sicher?“

„Ganz sicher!“

„Na dann. Danke schön.“

„Gern geschehen!“, riefen die Wolken einstimmig.

Der Engel flog weiter abwärts und ließ die Wolken bald hinter sich. Doch nicht alle. Kurze Zeit soäter begegnete er nämlich einer kleinen Schäfchenwolke, die ihm gar nicht aufgefallen wäre, wäre sie nicht ungewöhnlich weiß gewesen.

„Wer bist denn du?“, fragte der Engel.

„Ja, weißt du das denn nicht?“

Der Engel überlegte kurz, ob er die Schäfchenwolke nicht schon irgendwo gesehen hatte, doch dann schüttelte er den Kopf.

„Das macht nichts“, entgegnete die Wolke fröhlich. „Du glaubst nicht dasselbe wie die Wolken, oder?“

„Nein, aber ich weiß auch nicht, was ich glauben soll.“

„Mit meiner Hilfe wirst du das schon ncoh erfahren“, meinte das weiße Wölkchen zuversichtlich.

„Ja? Meinst du? Wo willst du denn hin?“, frage der Engel, denn die Wolke wurde durchsichtig.

„Ich bin immer in deiner Nähe“, flüsterte das Wölkchen mit leise werdender Stimme.

„Oh, gut“, antwortete der Engel und setzte seinen Flug fort.

Der Engel in der Kirche

Unser Engel war unerkannt unter lauter Menschen. Es können nämlich nur ganz wenige, außergewöhnliche Menschen Engel erkennen, wenn sie sie sehen, genauso wie nur besondere Engel Gott erkennen. Vor einer großen Kirche blieb unser Engel stehen. Er freute sich; wenn er Gott finden würde, dann bestimmt in dieser Kirche. Also ging der Engel zusammen mit einigen Menschen, von denen keiner zu mekren schien, was für ein wunderbares Wesen unter ihnen war, hinein. Nur ein kleiner Junge starrte den Engel mit offenem Mund an, bis seine Mutter ihn weiterzog und ihm sagte, er solle den Mund zumachen.

In der Kirche sah der Engel sich im und war enttäuscht. Er sah niemanden und nichts, von dem er dachte, dass es Gott sein könnte. Da erblickte der Engel den kleinen Jungen, der ihn erkannt hatte, und dessen Mutter. Sie betrachteten ein Bild, auf dem ein alter Man mit langen, wallenden weißen Haaren und Bart dargestellt war, der etwas nachdenklich auf eine blaue, klein wirkende Erdkugel unter ihm blickte. Der Engel stellte sich neben die beiden und sah sich das Bild an. Eigentlich konnte er nichts Besonderes an dem Bild entdecken.

Schließlich fragte er leise: „Wer ist das auf dem Bild?“

„Wissen Sie das denn nicht?“ Die Stimme der Mutter klang etwas empört.

„Nein“, gestand der Engel.

„Das ist Gott!“

„Ach“, sagte der Engel nur.

Noch lange betrachtete er das Gemälde und frage sich, warum die Menschen sich Gott so ernst vorstellten. Als er sich umwandte, erblickte er einen alten Mann , der allein in einer Bank saß. Da Engel es nicht mögen, wenn jemand einsam ist, ging der Engel zu dem Alten und setzte sich neben ihn. Irgendwie sah der Mann aus wie der Gott auf dem Bild, nur hatte er Lachfalten um die Augen und machte auch sonst einen freundlichen und gütigen Eindruck.

„Wer sind Sie?“, fragte der Engel.

„Weßt du das denn nicht, Engel?“

Kurz zögerte der Engel.

„N… nein.“

„Das macht nichts“, sagte der Alte gütig. Mit den Augen zeigte er auf den alten Gott auf dem Bild. „Hast du Gott jetzt gefunden?“

Entschieden schüttelte der Engel den Kopf.

„Dann werde ich dir wohl helfen müssen.“

„Oh ja! Das wäre toll!“

Doch die Gestalt des alten Mannes, der aussah wie der Gptt der Mensche, begann zu verschwimmen.

„Wo willst du denn hin?“

„Nirgends. Ich bin überall, wo du auch bist.“

Beruhigt verließ der Engel die Kirche.

Der Engel auf der Bank

Unser Engel flog in Städte und Dörfer. Doch wo war Gott? Hatte der Mond am Ende doch recht gehabt?

Der Engel war traurig. Er saß auf einer Bank in einem Park und starrte auf den Sternenhimmel und dachte an die Sonne, an Venus, Mars, Merkur und Mars. Einmal glaube der Engel, den kleinen, strahlendne Asteroiden zu sehen. Verwirrt blinzelte unser Engel, und da sah er, dass es nicht der Asteroid, sondern die kleine, schneeweiße Schäfchenwolke war. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Wolke aussah wie eine Flügelfeder des wünderschönen fremden Engels. Nein, eigentlich sah sie aus wie eine Locke aus dem Haar des gütigen alten Mannes in der Kirche. Plötzich wurde es in dem Engel unglaublich hell, und er fühlte sich unendlich glücklich. Eine junge Frau kaum zu der Bank und setzte sich nebem dem Engel. Eine Zeitlang betrachteten die beiden die glitzernden und funkelnden Sterne am Firmament.

„Weißt du, wer ich bin?“, frage die junge Frau mit sanfter Stimme.

„Ja“, sagte der Engel glücklich.

Die junge Frau lächelte ein unbeschreiblich liebevolles Lächeln und verschwand. Doch schon bevor er das leise Flüstern hörte, das ihm versicherte, dass sie immer bei ihm sein würde, wusste der Engel, dass sie nie weg war.

Der wissende Engel

Irgendwann später, es mögen Stunden oder auch Jahre vergangen sein, ging der Engel, der Gott erkennt hatte, mit einem anderen Engel unerkannt auf der Erde unter Menschen spazieren. Ein hübsches kleines Mädchen tanzte um die Leute herum und lenkte missbilligende Blicke auf sich. In den jungen Augen lag mehr Weisheit als in denen der anderen Menschen und sogar mehr als in denen der beiden Engel.

„Hallo, ihr Engel!“, rief das Mädchen den Himmelsgeschöpfen zu, und unser Engel verbeute sich leicht in ihre Richtung.

Das Mädchen lächelte und hüpfte davon, bis sie in der Menge verschwand.

„Wer war das?“, fragte der Freund unseres Engels.

„Weißt du das denn nicht?“, fragte der Engel zurück.

„Nein.“

„Das war Gott.“

„Was?!“, rief der andere. „Gott ist doch ein strahlender, wunderschöner Engel …“

„Natürlich“, erwiderte der Engel und lächelte.

Forestella: Angel