Döner Extra Scharf

Döner Extra Scharf

29. September 2019 0 Von Luna Day

Eine kleine „scharf“ Geschichte für euch 😉

Döner Extra scharf

Auf einem fremden Sofa zu sitzen und nur eine Person zu kennen von circa fünfzig, ist schlimmer, als ich es mir in meinen schlimmsten Alpträumen vorgestellt habe. Ich bin kein Party-Mensch und eigentlich wollten wir auch einen der neuesten Blockbuster im Kino ansehen. Sie wurde angesprochen von einem Fremden und schon eilte sie mit mir im Schlepptau in die entgegengesetzte Richtung, als wir eigentlich wollten.

Nun sitze ich hier, habe einen Döner in der Hand und sie flirtet mit den Fremden. Anscheinend machen die so etwas öfters. Ich würde einen Anfall bekommen, Unbekannte in meine Wohnung zu lassen und auch noch so viele. Sie alle haben sich ihr vorgestellt und mich wie üblich übersehen und wie immer habe ich das Gefühl, das fünfte Rad am Wagen zu sein. Ersatz, ein Austausch und nicht wichtig.

„Halt mal“, sagt der neben mir und reicht mir seine Fleischtasche mit etwas Gemüse und anscheinend Chilisoße, nach Ketchup sieht es jedenfalls nicht aus. Komische Kombi.

„Ist lecker“, meint er dann.

„Entschuldigung.“

Er lacht und ich nehme ihm den Döner ab.

„Nichts zu entschuldigen, kennt halt nicht jeder.“ Kurz steht er auf und schiebt sein Handy in die Hose.

„Und was ist das jetzt?“, will ich wissen.

„Chinesische Chilisoße. Extra scharf, extra lecker.“ Er nimmt mir den Döner wieder ab und beißt herzhaft rein. Der Mann neben mir ist blond und schlang. Er hat das Ding schneller verputzt, als das ich Hokuspokus sagen könnte.

„Ich hole mir noch einen, halt mir den Platz frei“, meint er und steht wieder auf.

Verwirrt sehe ich ihm hinterher. Ich verstehe es gerade nicht, warum redet er mit mir und will sich wieder zu mir setzen?

Mit zwei Dönern kommt er wieder zu mir und plumpst neben mich. Ich schüttle meinen Kopf und versuche, mir keinen Kopf darum zu machen. Meine Freundin, die gerade noch an einer Art Bar stand, verschwindet mit zwei Typen aus dem Raum, der neben mir lacht.

„Was ist so lustig, wenn ich fragen darf?“

„Deine Freundin, sie hat keine Ahnung, auf was sie sich da jetzt eingelassen hat.“

„Du aber?“

„Das sind Freunde von mir, also ja.“ Er schluckt den Rest seines Bissens hinunter. „Aber ich denke, dass ihr es nichts ausmacht.“

Ich sage dazu nichts, ich falle keiner Freundin in den Rücken, auch wenn er die Wahrheit sagt.

„Du bist anders.“

Vorsichtig sehe ich ihn an. „Wie bitte?“

„Dir sind diese Gockel egal, du fällst nicht darauf rein.“

Mein Gesicht brennt und schnell wende ich es von ihm ab. „Ich würde sagen, sie zieht mehr Blicke auf sich.“

„Ich würde eher sagen, sie hat fett Schlampe auf ihren Körper tätowiert.“

„Das macht man doch nicht, über andere reden, wenn sie nicht da sind.“

„Dir ist schon klar, was die da drin machen.“

„Das ist nicht mein Problem.“

„Wohl wahr.“ Er hält mir das Fladenbrot hin. „Mal probieren?“

Ich zeige auf meines.

„So lange wie du den schon in der Hand hast, ist der kalt.“

„Ich mag so was eigentlich nicht.“

„Wie kann man keinen Döner mögen?“, fragt er mit aufgerissenen Augen.

Ich zucke mit den Schultern. „Ist so.“

Er stopft sich den Rest in den Mund und mustert mich die ganze Zeit. „Ist es die Soße?“

„Ich esse so was schon ab und zu, ich bin aber kein Fan davon. Das Brot …“

Er hebt die Hand. „Also magst du es schon, aber du kannst es nicht andauernd essen.“

„Genau.“

„Interessant.“ Der zweite oder besser gesagt der dritte Döner verschwindet in seinem Mund. Ich frage mich, wo er das hinsteckt. „Warst du schon mal bei Costa, der ist hier ums Eck?“

„Nein, ich komme nicht so oft in diesen Teil der Stadt.“

„Okay, dann komm.“

„Ich gehe bestimmt nicht mit einem Fremden irgendwo hin.“

Er reicht mir seine Hand. „Phil.“

„Sandra und trotzdem bist du ein Fremder.“

Er lacht und steht auf. „Vielleicht solltest du manchmal deine Prinzipien über den Haufen werfen und mal machen, was Spaß macht.“

„Aber …“, fange ich an und zeige auf die Tür, hinter der meine Freundin verschwunden ist.

„Die vögeln da bestimmt noch mindestens eine Stunde, also komm.“

„Wohl ist mir dabei nicht“, sage ich leise.

Er geht in die Hocke. „Weißt du, wie aus Fremden Freunde werden?“

Ich rolle mit den Augen und lache. „Okay.“

Langsam laufen und drücken wir uns aus der überfüllten Wohnung, gehen das Treppenhaus hinunter und dann die Straße entlang. Es fängt an leicht zu regnen. Ich bleibe stehen, schließe meine Augen und genieße jeden Tropfen.

„Du bist eine Träumerin“, stellt er lachend fest.

„Es ist Erholung.“ Ich sehe zu ihm. „Woher willst du wissen, dass das nicht so ist, wenn du es nicht ausprobiert hast?“

Schmunzelnd stellt er sich vor mich. „Das bleibt unter uns.“

Meine Lider schließen sich wieder und ich recke mein Gesicht in den Himmel. „Angst, dass sie deine sanfte Seite kennenlernen?“, ziehe ich ihn auf.

„Erwischt.“ Er kommt einen Schritt näher, das merke ich, weil seine Körperwärme zu spüren ist. Ich blinzle.

„Schon mal durch den Regen getanzt?“

Leicht schüttle ich den Kopf. Eine seiner Hände ihm geht zu meiner Hüfte und die andere nimmt meine.

„Dann wird es mal Zeit.“ Er führt mich über die Straße weiter hinab. Ich muss lachen, wie berauscht, so führe ich mich auf, nur ohne Alkohol.

Plötzlich spüre ich die kalte Wand in meinem Rücken. Wir sehen uns in die Augen und dann bemerke ich hinter ihm Wasser aufspritzen.
„Du willst heldenhaft sein“, flüstere ich.

„Manchmal.“

„Dann musst du dir mehr Mühe geben, denn Wasser ist nicht gefährlich.“

Er öffnet eine Tür neben mir. „Gut, dass ich das auch nicht sein wollte.“

Amüsiert zucken meine Mundwinkel nach oben. Wir sind in einer Dönerbude, wie es sie an fast jeder Ecke in unserer Stadt gibt.

„Costa, das ist Sandra und sie ist der Meinung, Döner ist nichts Besonderes.“
Der dickliche Mann hinter den Glastresen sieht mich mit großen Augen an. „Oh das geht gar nicht.“

„Das finde ich auch, darum machst du ihr jetzt deinen besten!“

Ich schmunzelte. „Dann lasse ich mich mal überraschen.“ Wir setzten uns. „Also, Phil, erzähl mal was von dir.“

„Da gibt es nichts wirklich Interessantes. Das hier ist mein Viertel, hier esse ich, dort oben wohne ich und eine Straße weiter ist meine Arbeit. Und bei dir?“

Ich überlege erst, dann erzähle ich ihm, dass ich eigentlich ins Kino wollte mit meiner Freundin, dass sie angesprochen wurde und ich hier mit ihm gelandet bin.

„Bitte sehr, die Dame“, sagt der Besitzer, dieser Costa, und präsentiert mir einen Döner.

„Danke.“

Er reicht auch Phil noch mal einen.

„Vier Stück, dein Magen muss doch platzen“, sage ich. Phil zuckt grinsend mit den Schultern und widmet sich dem Essen. Ich beiße ebenfalls ab und finde immer noch nichts Besonders daran, aber das sage ich ihm nicht.

„Jetzt probieren?“

Ich nicke.

„Aber vorsichtig! Extra scharf“, sagt er, als ich das Stück schon im Mund habe. Er kugelt halb sich vor Lachen und holt mir einen Ayran.

„Komm, lass uns zurückgehen“, meint er.

„Aber …“

„Passt schon, er schreibt es auf und ich zahl es morgen, das kennt er schon.“

„Ah, also bringst du öfters Frauen hierher?“

„Nur die Besonderen“, feixt er breit grinsend.

Als wir mit vollem Magen vor der Wohnung seiner Freunde stehen, stockt er. „Willst du da wirklich wieder rein?“

Ich schüttle den Kopf. „Aber meine Freundin ist da drin.“

„Darf ich dich was fragen?“

„Ähm, ja?“

„Was hältst du von einem One-Night-Stand?“

„Eigentlich gar nichts.“

„Eigentlich, das gefällt mir.“

Mehr lässt er mich nicht sagen, seine Lippen sind auf meinen und seine Zunge will eingelassen werden. Gegenüber ist seine Wohnung. Worte sind Schall und Rauch, Taten vergänglich, aber die Erinnerung brennt sich ein.

 

 

 

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