Was der Leser normal nicht zu sehen bekommt

17. Januar 2021 0 Von Christine M. Brella

Viele Jahre war ich einfach nur Leser. Selbst als ich mit meinem Buchbaby angefangen habe, kannte ich nur das fertige Produkt und habe mir eigentlich nie wirklich Gedanken gemacht, wie es entsteht. Erst vor ein paar Jahren – Schule und Studium waren beendet und der Einstieg ins Arbeitsleben vollbracht – habe ich den Schritt gewagt und mich zu meinem ersten Schreibkurs an der VHS angemeldet.

Dieser erste Kurs war für mich bahnbrechend! Nicht nur habe ich das erste Mal hinter die Kulissen geblickt, wie ein Protagonist entwickelt werden kann, sondern ich habe auch tolle Schreiber kennen gelernt – allen voran Luna Day – mit diesen einen Autorenstammtisch gegründet und mich direkt zu einem regelmäßigen Schreibkurs angemeldet.

Jetzt, ein paar Jahre später, kenne ich verschiedene Ansätze einen Plot aufzubauen, habe mich mit Metaphern, Stimmungen und Satzzeichen beschäftigt, weiß was alles kommt (Lektorat, Korrektorat, Cover, Vermarktung,… ) wenn das Buch fertig ist, habe mein Buchbaby fertig geschrieben, plotte an Band 2 und habe meine erste Veröffentlichung in unserer Anthologie Dazwischengeschichten.

Und damit ihr auch einen Blick hinter die Kulissen bekommt – unten mein Plot von „Lass Dich nicht hängen“, sowie einen Eindruck vom Lektorat.

Zum Plotten verwende ich am liebsten die Schneeflockenmethode: 1 Satz (worum geht es), daraus werden 5 Sätze (Anfang – 1. / 2. / 3. Wendung – Ende) und aus jedem der 5 Sätze werden wieder 5. So kann man sicher stellen, dass das Buch in sich logisch ist und sowohl der Gesamtspannungsbogen passt als auch der Spannungsbogen in jeder Entwicklung. Da ich in meinem Buch aus zwei Perspektiven schreibe, bin ich an dieser Stelle schon fertig: 25 Sätze x 2 Protagonisten = 50 Kapitel mit á 10 Seiten. Bei der Anthologiegeschichte habe ich schon nach den ersten 5 Sätzen aufgehört dh. sind ca. 38 Normaseiten entstanden.

—————- ACHTUNG Spoiler!! —————-

Plot

Thema: Nur wer mit seinen schlimmsten Feinden Frieden schließen kann, kann glücklich leben.

1 Satz:

Mathilda rettet ihren Vater vor dem Galgen indem sie für den Pony-express reitet und Frieden mit den Indianern schließt.

5 Sätze:

1. Mathilda will das Begnadigungsschreiben für ihren Vater beim Pony-Express abgeben und wird selbst Reiter, als sie erfährt, dass der Betrieb wegen Indianern und dem kommenden Winter eingestellt ist.

2. Der erste Pferdewechsel klappt, beim zweiten ist die Station verlassen und beim dritten rettet sie ein Indianermädchen vor Rowdys.

3. Mathilda wacht verletzt auf. Ausgerechnet der Indianerscout hat sie in seiner Kontrolle – ihr schlimmster Albtraum wird wahr.

4. Als der Scout einen verletzten Jungen rettet, merkt Mathilda, dass er kein Wilder ist und freundet sich mit ihm an.

5. Mit der Hilfe des Scouts schafft sie es den Brief an den funktionierenden Teil des Pony-express zu überbringen und bleibt für den Winter bei den Indianern.

Mathilda:

Äußerliches: 23, rote Locken, robust

Geschichte:

Mit 8 Jahren hat sie einen Indianerüberall überlebt. Sie hat sich im Kamin versteckt und mit angesehen wie ihrer Mutter der Schädel gespalten wurde. Danach ist sie von ihrem Vater erzogen worden (Fallensteller, Falschspieler, Säufer). Zusammen mit ihrem Vater raubt sie Banken aus. Als er geschnappt wird, übernimmt sie seine Bande.

Größte Angst: vor Indianern

Want: Vater retten

Need: Platz im Leben finden

Stärken: Schießen, Reiten, Fluchen, Selbstbewusstsein

Schwächen: kein Respekt, Angst, wegen ihrer burschikosen Art nicht attraktiv für Männer, mit dem Kopf durch die Wand, handelt erst und denkt dann

Jack:

Äußerliches: schwarze glatte Haare, braune Haut, grüne Augen, schmal gebaut, kleiner als Mathilda

Geschichte:

Jack ist der Sohn eines französischen Händlers und einer Lakota. Seine Eltern leben zusammen mit seiner jüngeren Schwester und deren Tochter auf einem Stützpunkt des Pony-Express. Er fühlt sich zwischen den beiden Welten hin und her gerissen. Unter den Weißen ist er nicht akzeptiert und die Indianer sind ihm fremd. Als Junge hat er einen Sommer bei seinem Großvater verbracht. Doch er hat Angst gegenüber seinen Altersgenossen zurück zu hängen, da er nicht im Dorf aufgewachsen ist.

Größte Angst: bei den Indianern nicht akzeptiert zu werden

Want: Anerkennung

Need: Liebe

Stärken: Französisch, Englisch, Lakota, Mitgefühl, warmherzig, Liebe zur Familie

Schwächen: Selbstzerstörerisch, Alkohol, hochmütig, sarkastisch

Lektorat

Aus der E-Mail von Katharina Maier:

„Anbei schicke ich Dir Deinen lektorierten Text. Die Kommentare betreffen fast ausschließlich sprachliche Dinge und ein paar winzige inhaltliche Unklarheiten. Ich finde, die Geschichte ist Dir super gelungen. Mal ist sie lustig, mal dramatisch, und auch zwischendurch richtig krass. Das xxx hatte ich nicht erwartet. Das wirkt schon richtig stark. Mathildas Briefe sind auch im Kontext wirklich super, und der Wechsel zwischen ihrer und Jacques Perspektive funktioniert auch sehr gut. Eine tolle Geschichte!“

Lektorat

Also für alle die immer noch vor dem Plotten oder dem Lektorat Angst haben – das müsst ihr nicht 🙂