Aus alt mach neu – Tipp für Inspiration

Aus alt mach neu – Tipp für Inspiration

25. August 2024 0 Von Katharina Maier

Ich habe dieses Jahr schon einmal über Inspiration geschrieben, wo sie herkommt und wo man sie sich herholen kann. In jenem Beitrag erzähle ich auch von der Kreativgruppe, mit der ich mich einmal im Vierteljahr treffe, um einfach so drauf los kreativ zu sein. Letzten Freitag war es wieder so weit – und ich war völlig blank. Ich hatte keine Idee, was ich an diesem Abend machen wollte. Aber ich hatte einen Einfall, was ich tun könnte, um nicht einfach nur dazusitzen und nichts zu machen. Und daraus hat sich ein richtig fruchtbarer Prozess entwickelt, den ich als Tipp für Inspiration mit euch teilen möchte.

Die Grundlage für den „Tipp für Inspiration“

Von null musste ich zugegebenermaßen nicht anfangen. Wir vom Kreativraum Pfersee haben über unser gemeinsames Jahr das Schlagwort „Transparenz“ geschrieben. Ein Gedicht ist daraus schon entstanden, mit dem ich sehr glücklich bin – ein Schneckengedicht!! Auch das habe ich im letzten Beitrag zum Thema „Inspiration“ vorgestellt – seitdem ist es noch gewachsen, aber wie es inzwischen aussieht, das behalte ich für mich 🙂

Beim zweiten vierteljährlichen Treffen ist produktiv von meiner Seite her wenig passiert. Aber trotzdem ging es kreativ zu! Den ganzen Abend lang haben wir uns verschiedene Sprüche und Wortkonstruktionen zugespielt, die sich zu kleinen Geschichten entwickelt hatten. Auch das ist übrigens ein „Tipp für Inspiration“: einfach mal mit anderen kreativen Menschen Spaß haben! Die Assoziationen fließen lassen und sehen, wohin einen das treibt, ohne gleich den Anspruch zu haben, dass irgendetwas „Brauchbares“ entstehen muss.

Da ich aber gleichzeitig einen Gestaltungsanspruch an mich selbst hatte und zum dritten Treffen IRGENDETWAS mitbringen wollte, habe ich die Sprüche und wilden Ideen, die im Mai um den Tisch sprangen, so abgetippt, wie sie in meinem Notizbuch standen.

Fragmenttransparenz – ein Gedicht …?

Der Berg hat nicht genug

Raumschall und Echo

Get the Hell out

Schmuckeremit zur Zier

Mondsteinbruch

in der Ruine des Offizierskasinos

Park und Ruine als die zwei Werkmittel

der Eremit in der Kiste

wie sächlich in der Tat

Nice ist die Zigarette des Nichtrauchers

wer sich vertritt kann sich vertreten

Das Wort nutzt sich ab, wenn man es auf die Goldwaage legt

weird und creepy und spooky und strange

Nice ist die Zigarette des kleinen Mannes

Ein Berg hat nicht genug Raum für zwei Tiger

Auki schweigt

Am Ende fertig

Ich muss sagen, so übel finde ich das, was dabei herauskam, eigentlich gar nicht. Was meint ihr? Also vielleicht auch ein „Tipp für Inspiration“ – einfach mal die Ohren aufsperren? Das auf alle Fälle!

Und sich an dem bedienen, was andere sagen? – Na ja, das vielleicht nicht unbedingt. Das ist dann eher Dokumentation als Kunst 😀 Aber als Grundlage taugt es vielleicht ganz gut.

Mit Schere an den Text

Da hatte ich also meinen zusammengestückelten Text vom Treffen zuvor und keine Inspiration für das bevorstehende. Also druckte ich mir mein „Transparenzfragment“ mehrmals aus und nahm eine Schere mit. Denn ich dachte mir: Was man zusammenstückeln kann, kann man auch wieder zerstückeln!

Nun ist es keine neue künstlerische Methode, bestehende Texte zu zerschneiden oder zu zerreißen und daraus eine Collage zu machen. Aber ich wollte gar keine Collage anfertigen. Ich wollte nur eine Inspiration, wo vorher keine war. Also zerschnitt ich mein „Tranparenztfragment“ – das eine Blatt in Verse, das andere in einzelne Worte und ordnete sie nach Gutdünken auf einem weißen Blatt Papier wieder an.

Ja, auch das ist immer noch die Grundlage für eine Collage. Aber ich wollte nicht das als Kunstwerk betrachten, was ich da angeordnet hatte. Es war für mich einfach ein Weg, zwanglos mit Ideen zu spielen. Das, was ich schon hatte, in einen neuen Zusammenhang zu setzen und vielleicht mit neuen Augen zu betrachten.

Wortpuzzle auf dem Papier – mein eigentlicher Tipp für Inspiration 🙂

Was ich vor Augen hatte, sah in etwa so aus:

Park und Echo des kleinen Mannes

Fragment nutzt sich ab

Zurück zur Zier!

Das Wort Raumschall

Der Berg hat nicht genug Ruine und Durchsichtigkeit der Zeit

wenn man es auf die Goldwaage legt. Sagen Sie jetzt nichts!

Der Schmuckeremit in der Kiste des kleinen Mannes

Get the Hell out!

Glasklar und creepy

Am Ende fertig

weil das Leben einfach zu schnell vorbeigeht – in der Ruine des Offizierskasinos

Tatsächlich war es nicht nur das, was ich vor Augen hatte, sondern wieder hatte sich auch eingeschlichen, was ich um mich herum gehört hatte. Aber das nur nebenbei. Ich schaute mir also mein Wortpuzzle an, nicht als Kunstwerk, sondern als Schritt dahin. Und wartete und wartete.

Bis dann endlich eine Phrase in ihrem neuen Kontext meinen Blick auf sich zog und sich ein Satz daraus formte. Von da aus schrieb ich dann assoziativ los. Und jedes Mal, wenn ich nicht mehr weiter wusste, blickte ich wieder auf mein Wortpuzzle. Verschob ein paar Wörter oder ganze Zeilen. Schnitt neue Verse aus, auch aus dem „Schneckengedicht“, um sie dazuzulegen.

Schritt für Schritt entwickelte sich so ein neuer Text, mit dem ich sehr glücklich bin. Er wäre sicher nicht von sich heraus entstanden. Und das ist also mein eigentlicher Tipp für Inspiration: Findet einen Weg, euch mit etwas, das schon da ist, zu beschäftigen. Ob ihr es ausschneidet und hin und her schiebt oder vielleicht ausmalt, ein Bild darum herum entstehen lasst: MACHT etwas damit – etwas anderes als schreiben. Und dann schaut, wohin euch das führt.

Von Tigern und Katzen – Das Ergebnis

Am Ende bleibst du im Rauch von einst, egal wie viele Wanderer sich zu dir ans Feuer setzen, egal wie oft du den Fächer hebst und ein wenig verlegen, ein wenig kokett, ein wenig verschmitzt über den Rand des Papiers einen Blick in den Regen wirfst. Wohin gehst du?

Ein Berg hat nicht genug Raum für zwei Tiger, denkst du dir, Elfenscheinturm und Mondsteinbruch unter den Sternen im Wald, die viele sind, die glimmen und rauschen im Klarheitsmaß absoluten Einklangs, Durchsichtigkeit der Zeit, Raumschall und Echo.

Das Zugeständnis der Zeit, Kunst als Kompromiss – kollektives Atmen. Durchatmen, ausatmen, einatmen, die Meisterschaft der Stille. Erscheinung am Rand: zwei Katzen auf dem gewundenen Pfad, den eine Schnecke kreuzt auf dem Weg zum Meer, glasklar. Das Wort nutzt sich ab, wenn man es auf die Goldwaage legt. Auch die Transparenz.

Wenn du noch stehen kannst im 100. Jahr – mehr wünschst du dir nicht. Außer, dass noch jemand neben dir steht, eins und zwei und drei, weil das Leben einfach zu schnell vorbeigeht. Mit dem Feuer im Rücken und der Erde zu deinen Füßen.

Wind und Wasser, Luft und Wellen brechen sich um dein Inselreich, Sternenschaum und Sirenengesang. Am Ende Nachklang –