Die beherrschende Idee
nach Robert McKee
Das Konzept der beherrschenden Idee habe ich in dem Buch STORY. Die Prinzipien des Drehbuschschreibens von Robert McKee kennengelernt, dem Guru des Storydesigns.
Am neunten November findet die Augsbuch, die erste Augsburger Buchmesse statt. Die Schreiber und Sammler werden dort eine Podiumsdiskussion bestreiten mit dem Thema Plotter versus Pantser – wie wir schreiben. Es geht also um die Frage, ob wir unsere Geschichten exakt voraus planen (plotten) oder, ob wir aus dem Bauch heraus schreiben (sog. pantsen).
Für mich als Vertreter der Plotter ist die beherrschende Idee ein wichtiges Konzept des Story-Designs. Die beherrschende Idee soll, vereinfacht gesagt, am Ende einer Geschichte klar werden und sie lässt sich nach McKee in einem Satz ausdrücken. Ihre Aussage findet man, indem man erstens das Ende der Geschichte, ihr Ergebnis, und zweitens, die Art und Weise betrachtet, wie der Protagonist dieses Ergebnis herbeigeführt hat. Die beherrschende Idee bei Sherlock Holmes oder Columbo wäre demnach: Die Gerechtigkeit siegt, weil der Protagonist schlauer ist als der Antagonist. In McKees Worten, Wert (Gerechtigkeit) plus Ursache (Schlauheit). Bei Dirty Harry, so McKee, wäre die beherrschende Idee übrigens, dass die Gerechtigkeit siegt, „weil der Protagonist gewalttätiger ist als die Verbrecher“.
Idee und Konteridee
In einer guten Story aber, so McKee, geht es zwischen einer Idee und ihrer Konteridee (also der positiven bzw. negativen Formulierung des Gedankens) hin und her. In einer Szene ist ein Detektiv, wie etwa Sherlock Holmes, aufgrund seiner Schlauheit, dem Verbrecher eng auf den Fersen. Als Zuschauer ist man überzeugt, dass der Protagonist das Rätsel lösen und der Gerechtigkeit Genüge tun wird. In der nächsten Szene aber gelingt es dem Verbrecher, den Detektiv so in die Irre zu führen, dass das Publikum denkt, also diesmal wird der Detektiv scheitern (auch wenn er bislang vielleicht immer gewonnen hat). Das ist die Konteridee – im Fall von Sherlock Holmes oder Columbo demnach: Die Gerechtigkeit wird verlieren, da der Antagonist schlauer ist als der Protagonist.
Das Publikum muss also durch ein Wechselbad der Gefühle gehen. Mal glaubt es, die Geschichte geht gut aus, mal ist es überzeugt, dass der Protagonist scheitern wird. Anders ausgedrückt, der Protagonist muss jedesmal, wenn er ein Hindernis überwunden hat, vor ein noch größeres gestellt werden. Und zwar so überzeugend, dass das Publikum große Sorge hat, ob er sein Ziel erreichen wird.
Erst ganz am Schluss, im dramatischen Höhepunkt, setzt sich die eine oder die andere Idee durch. Die Idee, die sich durchsetzt, wird zur beherrschenden Idee der gesamten Geschichte. Im Beispiel von Sherlock Holmes oder Columbo besiegt der Protagonist den Antagonisten aufgrund seiner Schlauheit und setzt Gerechtigkeit durch.