55 Wörter

55 Wörter

23. Februar 2020 2 Von Valentina Baumgartner

55 Wörter oder weniger sollen die Geschichten des jährlichen Wettbewerbs „Fifty-Five Fiction“ der New Times in San Luis Obispo, Californien sein.

Ziemlich kurz.

Ziemlich wenig Platz, um eine vollständige Geschichte zu erzählen.

Ich habe es drei Mal versucht und bin drei Mal genau bei 55 Wörtern gelandet:

 

Stille

Er war diesen unbeleuchteten Weg entlang der Schallschutzmauer schon hundert Mal gelaufen.

Es war kalt, es war nass. Es war ungewohnt still.

Die Stille, die gerade eben noch nicht da gewesen war, kroch seinen Rücken hinauf.

Er wischte seine zittrigen Hände langsam an einem Taschentuch ab. Es saugte sich voll mit Rot.

Was nun?

 

Familientreffen

Schon nach zehn Minuten war ihnen wieder bewusst geworden, warum sie sich jahrelang aus dem Weg gegangen waren.

Trotzdem stellten sie sich für ein Gruppenfoto auf. Lächelten gequält und falsch in die Kamera, warteten auf den Selbstauslöser.

Vergeblich.

Die Kamera hatte den Geist aufgegeben.

Und irgendwie hätten sie sich doch gewünscht es wäre anders.

 

Monster

Die Hufen des Monsters klacken auf Asphalt.

Sie stehen regungslos da. Schauen hinauf. Wer sich als erstes bewegt, wird gefressen.

Till schluckt. Das Monster schnaubt.

Er zuckt, kurz bevor Sarah vor tritt.

Mit aufgerissenen Augen sieht sie zurück, als sie in die Höhe gezerrt wird.

Er hätte sie in die Fänge des Monsters geschubst.