Der Sturmwind und der Altweibersommer

Der Sturmwind und der Altweibersommer

6. Oktober 2019 0 Von Daniel Bühler

Der Sturmwind, der recht von sich überzeugt ist, hört es vielleicht nicht so gerne. Aber der folgende Dialog ist eine kleine Spielerei, die spontan in einem Wordshop von Katharina Maier entstand. Die Aufgabe war, eine Unterhaltung zwischen zwei Personifikationen zu schreiben. Ich zog den Herbst und den Wind aus dem Hut. Weil es für die Stimmen passender erschien, wurden später daraus der Sturmwind und der Altweibersommer .

Zuerst ist nur das Rauschen des Sturmwinds zu hören – und sein Husten.

Der Sturmwind (energisch, laut): „Meine Fresse, kannst Du dich mal entscheiden?“

Der Altweibersommer (verträumt, etwas schwermütig): „Hm?“

„Jetzt! Hust, hust“

„Also, ich weiß nicht, weil …“

„Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit. Weißt du, wie viel Arbeit das ist? Die dämlichen Wolken einsammeln, die ständig trödeln; das verdammte Meer dümpelt vor sich hin. Und der Regen? Der Regen macht, was er will.“

„Hach, ich mag den Duft von frischem Laub.“

„Ich blas dein Scheißlaub sonst wohin.“

„Och nö; ich find Laubhaufen so schön. Die Menschen auch; und sie werfen so gerne die roten und gelben Blätter in die Luft …“

„In gottverdammte Hundescheiße treten sie, alles voll unter deinem dämlichen Laub. Ah, ich will endlich loslegen, ich will rasen, blasen …“

„Du bist gemein, du könntest wenigstens …“

„Mir kann keiner was. Neulich – hab ich dir das schon erzählt? Die Dächer von den Neubauten, den potthässlichen. Du weißt schon, die wo der Architekt seine Kindheitsneurosen … Alle weg. Fünfzig Kilometer! Noch in fünf-zig Kilometer Entfernung haben sie Teile gefunden. Ich bin der Stärkste, Heftigste.“

„Ach, ich bin so melancholisch.“

„Das liegt an der hirnverbrannten Sonne. Verpisst sich einfach. Okay, wir haben ’nen Deal. Sie verdünnisiert sich, ich kann besser arbeiten.“

„Hm, vielleicht sollte ich ja auch langsam mal los und mich ablösen lassen.“

„Das sage ich doch die ganze Zeit … hust, hust.“

„Bist du krank?“

„Ich bin der Sturmwind! Ich muss euch was husten. Und ich will blasen, rasen, zerstören. Ich bin der gewaltige … Wo bleibt dein Cousin?“

„Ach, der Herbst ist immer so … komisch. Ich mag deine kleine Schwester.“

„Das laue Lüftchen? Dieses faule Gör! Ich sage dir, wenn ich die erwische …“

„Da ist sie ja schon. Huhu! Oh – ich glaube, sie sagt, mein Cousin verspätet sich.“

„Verspätet sich?“

„Hihi, zockt bestimmt noch mit dem Winter, wer sich um den Dezember kümmern muss.“

„Zockt? Ist der irre? Wo?“

„Na, im Süden.“

„Na warte, Freundchen, dir blas ich sowas von den Marsch. Und unterwegs, weißt du, was ich unterwegs mache?“

„Hey, laues Lüftchen, ich freu mich so …“

„Ich trete dem gottverdammten Meer in den Hintern! Hurrikans, Orkane, Wirbelstürme, hörst Du? Ah, ich bin so gewaltig, ich …“

Der Rest geht in lautem Rauschen und Husten unter.